Games as a Service – Das Paradebeispiel für eine gute Umsetzung?

Ein Blick auf die aktuelle Branche offenbart mehrere Trends, darunter das sogenannte Games as a Service Prinzip. Verschiedene Titel haben bereits bewiesen, dass eine gelungene Umsetzung aber keineswegs einfach ist. Jedoch scheint es ein Spiel zu geben, das nahezu das Paradebeispiel schlechthin ist. Fortnite.

Das von Epic Games entwickelte Fortnite bietet uns zahlreiche Inhalte und scheint das Paradebeispiel für den Games as a Service Ansatz zu sein.

Was ist überhaupt Games as a Service? Im Bereich der digitalen Spiele handelt es sich um ein Prinzip, bei dem ein beliebiger Titel veröffentlicht und danach mit weiteren Inhalten versorgt wird. Im Gegensatz zur klassischen DLC-Politik bekommen die Spieler nicht nur neue Charaktere, Level oder Waffen, sondern können sich zudem meist über tägliche und wöchentliche Herausforderungen freuen. Die Entwickler und Publisher sorgen im Idealfall dafür, dass wir uns jeden Tag einloggen, weil wir sonst irgendetwas verpassen könnten. Natürlich ist der Grundgedanke hinter Games as a Service ein fortlaufendes Erlösmodell zu etablieren. Also langfristig Geld zu verdienen. Zum Glück erhalten die Spieler im Gegenzug allerhand Inhalte. Man könnte meinen, es handelt sich um eine Win-Win-Situation.

In einem anderen Artikel (hier klicken) haben wir aber bereits dargelegt, dass Games as a Service im Moment eine eher besorgniserregende Entwicklung vorweist. Immer häufiger scheinen die Verantwortlichen unfertige Spiele auf den Markt zu bringen. Eigentlich zu erwartende Features kommen zu einem späteren Zeitpunkt und sollen den Anschein erwecken, man liefert kontinuierlich neue Inhalte. Es scheint jedoch auch positive Beispiele zu geben. Das Paradebeispiel ist wohl Fortnite.

Eine Hass-Liebe?

Fortnite ist ein sensibles Thema. Sobald man diesen Titel in den Mund nimmt, besteht die Chance, dass man schräg angeguckt wird. So etwas spielen doch nur kleine Kinder, heißt es dann oft. Und tatsächlich scheint das Projekt von Epic Games die Position von Call of Duty übernommen zu haben. Auf dem Schulhof ist Fortnite das große Thema – wenn man zahlreichen Medien glauben möchte. Aber auch Ingame merkt man oft, dass hier eher jüngere Spieler unterwegs sind. Beschäftigt man sich jedoch intensiver mit der Thematik, trifft man ebenfalls auf ältere Personen.

Nun kann man Fortnite mögen oder nicht, es lässt sich aber nicht leugnen, dass die Mannen von Epic Games sehr viel Zeit in dieses Projekt investieren. Dass dieser Ansatz und somit auch Games as a Service extrem erfolgreich ist, zeigen verschiedene Zahlen. So wird berichtet (via FAZ), dass von knapp drei Milliarden Dollar Gewinn, den Epic Games 2018 erwirtschaftet hat, beachtliche zwei Milliarden Dollar auf Fortnite zurückzuführen seien. Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei Epic Games um keine Aktiengesellschaft handelt, sind die Verantwortlichen nicht verpflichtet, Geschäftsdaten zu veröffentlichen. Daher sind die Zahlen nicht offiziell, stellen aber sicherlich einen guten Ansatz dar.

Aber wie gelingt es Fortnite, so viel Geld zu generieren? Ein entscheidender Punkt sind zweifellos die zahlreichen Spieler. Über 125 Millionen sollen es weltweit sein. Allerdings ist die Beliebtheit kein neuer Faktor. Es war schon immer so, dass sich ein beliebtes Spiel herumspricht, weitere Spieler anlockt und somit Umsatz erwirtschaftet. Die Ursache muss also woanders liegen. Einige zentrale Merkmale:

Täglich neue Inhalte

Um die Ursache zu finden, müssen wir tiefer in den sogenannten Battle Royale Modus von Fortnite eintauchen. In diesem spielen bis zu 100 Spieler gegeneinander und versuchen, der letzte Überlebende zu sein. Neben einen Solo-Modus gibt es zudem einen Modus für zwei (Duo) und für bis zu vier Spieler (Teams). Seit der Veröffentlichung von Fortnite Battle Royale hat sich an dieser Auswahl aber einiges getan. Epic Games spendiert uns inzwischen dauerhaft einen Modus, wo zwei Teams gegeneinander antreten. Hierbei vermischen sich die Battle Royale Ansätze mit dem klassischen Team-Deathmatch. Darüber hinaus gibt es weitere Modi, sogenannte LTMs, die sich nahezu täglich ändern. Mal steigt Lava auf und verändert das komplette Gameplay. Mal gibt es lediglich Scharfschützengewehre und eine geringere Gravitation. Sehr beliebt ist zudem ein Modus, wo drei Spieler ein Team bilden und sich dann ins gewohnte Gefecht stürzen.

Epic Games sorgt durch diese Rotation nicht nur für eine tägliche Überraschung, die Spieler erhalten zusätzlich eine wichtige Portion an Abwechslung. Selbst wenn man keine Lust auf das klassische Battle Royale verspürt, könnte es sich lohnen, das Spiel zu starten. Die Entwickler gehen aber noch einen Schritt weiter. Seit geraumer Zeit steht ein Modus namens Arena zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um ein Ranking-System, das ebenbürtige Spieler in eine Lobby bringt. Der komparative Charakter steigt somit deutlich an.

Was man an dieser Stelle nicht vernachlässigen darf, ist die Tatsache, dass Fortnite nicht nur aus dem Battle Royale Modus besteht. Außerdem gibt es einen Koop-PvE-Bereich und den sogenannten Kreativmodus, wo man eigene Karten, Spielmodi, Rätsel und mehr erschaffen kann. Diese Mischung aus drei grundlegenden Bereichen, die allesamt kontinuierlich durch neue Inhalte ergänzt werden, sorgt für eine gigantische Auswahl und Entfaltungsfreiheit. Man muss natürlich die grundlegenden Elemente von Fortnite mögen. Ist diese Voraussetzung erfüllt, wird es nicht langweilig.

Das von Epic Games entwickelte Fortnite bietet uns zahlreiche Inhalte und scheint das Paradebeispiel für den Games as a Service Ansatz zu sein.

Millionenschwere Skins

Nahezu jedes Games as a Service Spiel setzt inzwischen auf die sogenannten Mikrotransaktionen. Für einen kleinen Geldbetrag können die Spieler verschiedene Premiuminhalte erwerben. Dabei kann es sich um Boni oder um Inhalte handeln, die einen spielerischen Vorteil verschaffen. Aufgrund anhaltender Kritik seitens der Spieler haben sich bei Videospielen mittlerweile kosmetische Inhalte etabliert. Ein Kauf ändert lediglich das Aussehen einer Spielfigur, einer Waffen oder Ähnliches und hat keinen direkten Einfluss auf das Gameplay. Mehreren Studien zufolge soll der Anteil der Spieler, die Mikrotransaktionen in Anspruch nehmen, unter zehn Prozent liegen. Ob diese Angabe noch zeitgemäß ist, können wir aktuell nicht beantworten. Wir gehen davon aus, dass inzwischen deutlich mehr Spieler zu dieser Möglichkeit greifen.

Es sollte nicht überraschen, dass auch Fortnite auf dieses Prinzip setzt. Über einen Ingame-Shop kann man im Battle Royale Modus mittlerweile allerhand Inhalte kaufen. Was mit Skins begann, wurde auf Waffentarnungen, Gleiter, Erntewerkzeuge und Emotes ausgeweitet. Durch eine Unterteilung in Seltenheitsgrade können die Entwickler bestimmte Items gezielt hervorheben und zum Kauf anregen. Des Weiteren ändert sich das Angebot im Shop täglich. Ein kleiner Timer verrät, wie lange die aktuellen Inhalte noch verfügbar sind. Diese Kombination an verschiedenen Elementen sind nahezu teuflisch. Der Spieler weiß nicht, wann beispielsweise ein bestimmter Skin erneut erhältlich ist. Weil er nichts verpassen will, kauft er den Skin mit einer höheren Wahrscheinlichkeit.

Das große Geld kommt dabei durch unverschämte Preise zustande. Ein Skin oder ein Gleiter kann durchaus 20 Euro kosten. Raffiniert an der Angelegenheit ist, dass Epic Games uns nicht zwingt, etwas aus dem Ingame-Shop zu kaufen. Durch eine kluge Einbindung ins Spielmenü sowie das Hervorheben der neuen Inhalte über soziale Netzwerke überprüfen die Spieler regelmäßig das Angebot. Es gibt sogar Internetseiten (z.B. Fortnite Insider), die täglich über den Ingame-Shop berichten. Ebenfalls extrem entscheidend ist die Nutzung von Ingame-Währung. Anstatt Preise in Euro darzustellen, kann man die Inhalte lediglich mittels V-Bucks kaufen. Diese lassen sich wiederum durch Echtgeld erwerben oder erspielen. Letzteres sorgt dafür, dass V-Bucks nicht zu einem unbeliebten Element werden, die die Spieler in zwei Gruppen teilt. Jeder verfügt nämlich über diese Ingame-Währung.

Fortnite und die veränderbare Spielwelt

Der Battle Royale Modus findet auf lediglich einer Karte statt. Jedoch sorgen die Entwickler für regelmäßige Änderungen. Zum Ende der achten Season wurde beispielsweise eine große Stadt vernichtet und in der folgenden Season in einem völlig neuen Design wieder aufgebaut. Des Weiteren verschwinden regelmäßig Orte, es kommen neue hinzu und innerhalb einer Season gibt es immer kleinere Änderungen. Letzteres hängt meist mit dem großen Finale einer jeden Season zusammen. Im Endeffekt müssen sich die Spieler in regelmäßigen Abständen auf eine abgeänderte Spielwelt einstellen. Dies sorgt dafür, dass keine Monotonie eintritt und es immer etwas zu entdecken gibt.

Das von Epic Games entwickelte Fortnite bietet uns zahlreiche Inhalte und scheint das Paradebeispiel für den Games as a Service Ansatz zu sein.
So sieht die Karte in der Season 9 aus.

Mit dem angesprochenen Finale und der damit zusammenhängenden Geschichte lockt Epic Games stets Millionen von Spieler an. Selbst wenn man mehrere Wochen nicht gespielt hat, das große Ingame-Event möchte man nicht verpassen. Beeindruckend war unter anderem das Marshmallo Konzert, wo der bekannte Musiker ein kleines Live-Konzert veranstaltet hat (weitere Details).

In regelmäßigen Abständen fügen die Entwickler neue Gegenstände hinzu, die ebenfalls einen Einfluss auf das Gameplay und die Spielwelt haben. Mit einem Flugzeug konnte man für einige Woche schnell über die Karte reisen und Gebäude beinah ohne Anstrengungen komplett einreißen. Dieses Hinzufügen sorgt zwar oft für Momente der Frustration, weil die Balance durcheinandergebracht wird, die Entwickler sorgen mit wöchentlichen Updates allerdings für entsprechende Anpassungen. Mit der Zeit werden bestimmte Gegenstände, wie das angesprochene Flugzeug, wieder entfernt. Weil man eine spezielle Waffe oder ein Fahrzeug nicht verpassen möchte, startet man sicherlich etwas häufiger Fortnite.

Der raffinierte Battle Pass

Mit der Einführung der einzelnen Seasons haben die Entwickler zudem einen Battle Pass ins Leben gerufen. Mit dessen Hilfe können die Spieler verschiedene Inhalte freischalten. Selbstverständlich ist dieser nicht kostenlos, sondern muss mittels V-Bucks erworben werden. Und da der Unterschied von erspielbaren Inhalten zwischen Battle Pass und nicht Battle Pass so hoch ist, greifen viele zum Season-begleitenden Element. Gleichzeitig sorgt er dafür, dass man mehrere, neue Skins erspielen kann. Dadurch steigt die Akzeptanz der kosmetischen Inhalte und man ist eher bereit, im Ingame-Shop einzukaufen.

Der Battle Pass schaltet zudem weitere, wöchentliche Herausforderungen frei. Erfüllt man diese, steigt man schneller auf und bekommt somit mehr Inhalte. Die zusätzlichen Herausforderungen schaffen nicht nur einen Anreiz zum Kauf des Passes, sie sorgen ebenfalls dafür, dass man regelmäßig Fortnite spielt. Abseits des eigentlichen Gameplays gibt es dank der Herausforderungen allerhand zu tun. Nicht zu vergessen sind zudem die täglichen Herausforderungen, wovon man maximal drei gleichzeitig haben kann. Freigeschaltet werden sie nur dann, wenn man sich einloggt. Ein weiterer Aspekt, der den Games as a Service Gedanken in gekonnter Weise bekräftigt.

Druck und Stress

Mit diesen zahlreichen Beispielen sollte ersichtlich sein, warum Fortnite ein Paradebeispiel für den Games as a Service Ansatz ist. Viele Mechaniken sollen zwar gezielt dafür sorgen, dass der Spieler sein Geld in den Titel investiert, Fortnite ist allerdings auch ansatzweise Free-2-Play. Bis auf den PvE-Bereich lässt sich alles ohne Einschränkungen spielen. Es wird nicht einmal eine PlayStation Plus Mitgliedschaft vorausgesetzt, um mit anderen zu spielen.

Dieser Erfolg hat jedoch eine Schattenseite. Mit der Zeit steigen die Ansprüche der Spieler deutlich an. Epic Games hat sich in einen Zustand manövriert, den sie nicht mehr verlassen können. Fällt das tägliche und wöchentliche Liefern neuer Inhalte weg, hat dies einen spürbaren Einfluss auf die Spieler. Vielen würden verschwinden und sich nach einer erfrischenden Abwechslung in anderen Videospielen umschauen. Und somit haben wir einen Gesichtspunkt erreicht, der den Druck und Stress, die mit Games as a Service für die Entwickler einhergehen, mehr als deutlich macht. Da dieses Thema aber an dieser Stelle zu umfangreich ist, gehen wir darauf nicht genauer ein.

Zusammenfassend zeigt Fortnite sehr gut, was es bedeutet, ein Games as a Service Spiel zu sein. Die Spieler sind wie gefräßige Raubtiere und wollen am besten jeden Tag etwas Neues erleben bzw. neue Inhalte bekommen. Um Erfolg am umkämpften Markt zu haben, müssen die Entwickler genau das liefern. Allem Anschein nach muss man wenigstens wöchentlich neue Inhalte bereitstellen, idealerweise sogar täglich. Dabei ist es nicht entscheidend, wie umfangreich der frische Content ausfällt. Ein paar kosmetische Gegenstände könnten bereits ausreichen.

Verschiedene Titel wie Anthem oder Fallout 76 zeigen aber auch, dass es durchaus scheitern kann, Games as a Service umzusetzen – und das trotz finanzstarker Publisher im Hintergrund. Derzeit deutet vieles daraufhin, dass wir auch künftig mit Spielen rechnen können, die langfristig unterstützt werden sollen. Ob es ihnen gelingt, so erfolgreich wie Fortnite zu sein, bleibt abzuwarten.

 

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